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"Das war tatsächlich so meine Vorstellung, oder willst du mir erzählen, du bist, mal abgesehen von uns Slytherins wegen deinen Vorurteilen, nicht immer ein Sonnenschein zu alles und jedem?", fragte ich und verdrehte leicht die Augen. So waren doch die meisten Mitglieder seines Hauses und um ehrlich zu sein, ging es mir gewaltig auf den Senkel, dass manche Leute anscheinend nie schlechte Laune hatten oder andere anfuhren. Diese Schüler waren einfach nur gruselig, ich meine, wer konnte das denn durchhalten? Mein Glück, dass die meisten dann eine Ausnahme für Slytherins wie mich machten, unser Ruf war im Moment nicht der Allerbeste.

Ich warf einen Blick durch eine Lücke zwischen den Büchern und sah, dass Mutter und Tante Walburga gerade wieder dabei waren den Laden zu verlassen und an der Art und Weise, wie die beiden ihre Nasen rümpften und die Stirn runzelten erkannte ich, dass sich hier drin Leute befanden, mit denen sie nicht sonderlich viel zu tun haben wollten. Wenn ich mich nicht irrte standen dahinten bei einem Mädchen ihre Muggel-Eltern, etwas wofür meine Familie immer nur verachtende Blicke übrig hatte. Reinblüter fühlten sich aber leider meistens allem und jedem überlegen, der keinen so beeindruckenden Zauberer-Stammbaum vorzeigen konnte.

"Ich hab tatsächlich auch besseres zu tun als hier rumzustehen, Tonks", giftete ich zickig und verschränkte die Arme. Seine Einkäufe gingen mir sonst wo vorbei, aber ich musste wohl leider auch noch das ein oder andere besorgen. Langsam und vorsichtig schritt ich an ihm vorbei, lunste um ganz sicher zu gehen nochmal am Regal vorbei und atmete dann auf. "Dann müssen wir ja von nun an nicht mehr miteinander reden, das ist doch eine gute Nachricht", verkündete ich lächelnd und drehte mich nochmal zu ihm um.

"Du kennst meine Mutter und Tante Walburga schlecht. Die haben Argusaugen, und wenn so ein Loser wie du hier rumsteht und in eine Reihe hineinredet, merken die spätestens, dass ich auch da war, wenn ich irgendwann gehen möchte", zischte ich. Was die beiden Frauen anbeglangte, war ich meistens einfach übervorsichtig. Sie wussten wahrscheinlich mehr über meine Mitschüler als sich selbst, was ihren vielen Kontakten zu verdanken war und ihrer Vorliebe uns Kindern hinterherzuspionieren. Und selbst wenn sie nichts gesehen hätten, würde irgendjemand mitbekommen, dass ich mit Jemandem wie ihm außerhalb der Schule zu tun hatte und es denen stecken, wäre ich auch geliefert. Während ich vor Mom einfach nur Respekt hatte, weil ich wusste sie würde alles brühwarm an Vater weitererzählen, hatte ich vor Tante Walburga etwas Schiss. Könnte daran liegen, dass sie Vaters Schwester war und dieses unheimliche Auftreten anscheinend in der Familie lag, jedoch war es von uns dreien nur an die älteste weitergegeben worden. Cissy war dagegen die reinste Blumenwiese.

"Verzeih, dass du sowas wie Hobbys hast konnte doch keiner ahnen", stichelte ich weiter. Meine ältere Schwester hätte ihm wahrscheinlich schon lange das Fell über die Ohren gezogen oder ihn mithilfe eines Fluches in sonst was verwandelt. Oder ihn solange beschimpft, bis er nicht mehr wusste, wo oben und unten wäre. Ich hingegen wurde nicht gerne handgreiflich und volljähgrig war ich noch nicht, die ersten beiden Optionen fielen also leider weg. Und was die dritte anbelangte - ich tat mein Bestes das "S-Wort", wie ich es bezeichnete, nicht in den Mund zu nehmen, auch wenn es mittlerweile eine Art Modeschimpfwort in den Kreisen der Slytherins geworden war. Also konnte ich wohl nur hierstehen und hoffen, dass Mutter und Tante Walburga bald fertig wären.

Insgeheim mochte ich ihm bei seinem letzten Kommentar zustimmen, aber ich schwieg eisern. Das wäre jetzt noch die Höhe, wenn ich auf seine Lästereien über meine Familie einsteigen würde. Wenn ich im Gegenzug über seine herziehen würde, wäre ich wieder die Böse. War er nicht derjenige, der so für die Fairness war? Außerdem hatte er es leicht, mit seinen Muggeleltern. Wurde nach Hufflepuff gesteckt und alles war zu Hause Friede, Freude, Eierkuchen. Ich hätte mir mit 11 ein neues Zuhause suchen dürfen, wäre ich nach Hufflepuff gekommen und am Grimmauldplatz Nr. 12 würde statt meines Gesichts im Stammbaum ein Brandloch klaffen, das von meinen Sünden zeugte. Er wusste nicht, wie es war, sich verbiegen und verstellen zu müssen, damit die eigene Verwandtschaft einen akzeptierte. Meinem Cousin mochte es nicht viel ausmachen als das Schwarze Schaf bekannt zu sein, aber für mich wäre es ein Albtraum. Besonders viele - echte - Freunde hatte ich in Hogwarts nicht, bloß diese Speichellecker meiner Schwester, also wer wäre noch übrig, würde ich Cissy und Bella verlieren? Da schwamm ich lieber auf der Welle von Bellas schlechtem Ruf mit, den sie unter den anderen Häusern inne hatte, und wurde mit ihr in einen Topf geworfen, als dass ich offen sagen würde, wie meine Gedanken und Ansichten wirklich aussahen. Es könnte mir nicht egaler sein, aus welcher Familie eine Hexe oder ein Zauberer stammt, aber das war nicht die Denkweise, mit der ich erzogen wurde und die ich inzwischen auch übernommen haben sollte. Bei mir musste irgendetwas falsch gelaufen sein. Vielleicht hatten sich meine Eltern beim mittleren Kind einfach nicht genug Mühe gegeben? Irgendetwas war jedenfalls für meine Andersartigkeit verantwortlich. Meinen schlechten Ruf durfte ich nicht verlieren, also fuhr ich zu Ted herum und versuchte ihn genauso anzufunkeln wie zuvor.

"Wenn du mir schon folgen musst, geh wenigstens ganz hinter das Regal, am Ende sieht dich noch Jemand." Oder noch schlimmer, meine Mutter fand mich. Zusammen mit ihm. Oh bei Merlin...

Ungeduldig schnappte ich mir seinen Ärmel und zog ihn hinter die dicken Bücherwände, damit keiner auf die Idee kam ihm nachzulaufen, bevor ich rasch wieder von ihm abließ und zwei Schritte zurück machte. "Wenn du mich auslieferst, erlebst du dein blaues Wunder", drohte ich ihm wohl eher scherzhaft, verlieh meiner Stimme aber einen ernsten Klang.

"Dann viel Erfolg bei dem Versuch, mit Cissy einen Streit anzufangen. Bevor du ihr nur einen Schritt zu nahe kommst, bricht dir Bella eher die Hand", rief ich ihm über meine Schulter noch zu. Ich konnte es mir meistens nicht verkneifen das letzte Wort haben zu wollen, außerdem konnte man mit Jemandem wie ihm so gut zanken. Er glaubte doch tatsächlich, dass alle in dieser Welt gleichberechtigt wären. Und auch wenn das etwas wäre, gegen das ich absolut nichts einzuwänden hätte, sah die Realität doch leider nicht ganz so rosig aus. Wenigstens war ich nicht so eine Furie wie meine Schwester es werden konnte, ich feuerte einfach nur gerne zurück.

In diesem Moment sah ich, dass meine Mutter den Laden betreten hatte - an ihrer Seite natürlich ihre verehrte Schwägerin. Es war mehr eine Kurzschlussreaktion als eine durchdachte Entscheidung, aber ich duckte mich hinter einen großen Bücherstapel und schlängelte mich zwischen den Leuten hindurch, bis ich am Thresen vorbeikam und mich hinter einem Regal verstecken konnte. Ich betete inständig, dass keine der beiden mich beim Davonrennen erwischt hatte. Ich fühlte mich emotional noch nicht so weit gefestigt, beiden auf einmal gegenüberzutreten und dafür mein schönes Gefühl von innerem Frieden zu opfern. Das Gezetere über Hogwarts, die Einkaufsliste und irgendwelche Leute konnte ich mir auch später noch anhören und die zwei solange einfach machen lassen. Vielleicht bemerkten sie ja auch gar nicht, dass ich weg war und verzogen sich gleich nach dem Kauf der Schulbücher wieder, dann hätte ich noch ein oder zwei Stunden, bis sie uns dann nach Hause schleifen würde. Ich hoffte, dass der Hauself sich heute besonders viel Mühe mit dem Essen gab, nach so einem Tag war ein bisschen Nervennahrung genau das Richtige. Wie sehr ich mir wünschte einfach nach Hogwarts zurückzugehen und frei zu sein, von den täglichen Reden meiner Mutter. Jetzt da ich in die 6te Klasse kam, erwartete ich auch schon den Hochzeits-Vortrag, den sie Bella letztes Jahr gehalten hatte. Zwar kam es mir bei dem Gedanken, einen schleimigen Spross einer hochnäsigen Reinblüter-Familie wie wir es waren zu heiraten, ständig hoch, aber viel machen konnte man da wohl nicht.

Vobei war es mit der Ruhe, über die ich mich gerade noch gefreut hatte. Ich knirschte leise mit den Zähnen, bevor ich meinen Blick hob, das Buch langsam schloss und mich Ted Tonks gegenüber sah, einem Hufflepuff aus meinem Jahrgang. Und einem Muggelgeborernen. Manchmal fand ich es selbst schon ekelhaft, dass der Blutstatus immer eines der Attribute war, die ich mit den Leuten verband, aber ich musste als Black aufpassen mit wem ich mich abgab. Und er gehörte da definitiv nicht zu den bevorzugten Leuten. Mehr als einmal hatte Bellatrix sich mit ihm angelegt, dass er dafür noch nicht versucht hatte ihr eine reinzuhauen verwunderte mich. Ich war von meiner Schwester schon genervt und mich ignorierte sie meistens völlig. Dennoch wusste ich wie ich mich als Dame meines Standes Leuten wie ihm gegenüber zu verhalten hatte. Und ehrlich gesagt hätte ich den Kerl auch so nicht gemocht. Vielleicht lag es daran, dass wir uns wegen meiner offiziellen Abneigung von Anfang an nicht gut verstanden, aber wie er in Hogwarts arrogant herumrannte und dachte er wäre der Allertollste, war mir einfach nicht sympathisch.

"Ob du es glaubst oder nicht, Tonks, ich bin auch ohne andere Leute überlebensfähig", schnappte ich zurück und warf ihm ein falsches Lächeln zu. "Und du? Du wolltest wahrscheinlich unbedingt wieder Streit anfangen, aber ich muss dich enttäuschen. Bella und ich mögen uns ähneln, aber wenn mich nicht alles täuscht findest du sie irgendwo in der Nokturngasse. Schönen Tag noch", zischte ich und kniff die Augen zusammen.

Es gab durchaus Muggelgeborene, die ich eigentlich mochte. Lily Evans zum Beispiel. Aber es gab wiederum auch andere, wie den Typ vor mir, die mir gestohlen bleiben konnten. Mit einem letzten falschen, und hoffentlich verspottenden, Lächeln, legte ich das Buch in meiner Hand wahllos auf irgendeinen Stapel und drückte mich an ihm vorbei.

Erleichtert lehnte ich mich gegen eines der Regale, warf einen letzten misstrauischen Blick nach draußen durch die Schaufenster und lief dann die Reihen voller Bücher entlang. Endlich etwas Ruhe und Frieden und keine gehetzte Stimmung wie gerade noch. Der Einkauf für das nächste Schuljahr in Hogwarts stellte sich auch dieses Jahr, wie schon die vielen Male davor, als nervenaufreibende Tortur heraus. Mutter versucht Vater zu überzeugen uns zu begleiten und er redet sich irgendwie heraus, verschwindet in seinem Arbeitszimmer und lässt Mutter mit schlechter Laune zurück. Wir holen etwas Geld in Gringotts, Bella macht die Kobolde blöd an und auf der ruckligen Fahrt, die dank dem Benehmen meiner großen Schwester noch unsanfter ist als bei normalen Kunden (zumindest ging ich davon aus) kommt mir beinahe das Frühstück wieder hoch. Danach möchte Cissy unbedingt dahin und Bella dorthin, beide sehen ihre tollen Freundesgrüppchen irgendwo rumstehen oder bestaunen irgendwelches Zeug in den Läden. Dabei lassen sie mich natürlich mit Mutter allein, deren schlechte Laune immer noch nicht verraucht ist, weshalb sie mich erbarmungslos durch alle Läden schleift und allgemein recht wortkarg ist. Erst gerade konnte ich mich vor Madam Malkin`s loseisen, da sie dort rein zufällig natürlich auf Tante Walburga getroffen ist. Jetzt redeten sie wahrscheinlich gerade über ihre gelungenen und missglückten Versuche bei der Kindserziehung, wobei Walburga wahrscheinlich wieder kopfschüttelnd von Sirius zahlreichen Verfehlungen berichtete. Ich stürmte einfach in den erstbesten Laden, den ich sah und das war zfälligerweise das Büchergeschäft. Die Einkaufsliste hatte Mutter, also musste ich hier wol warten, bis sie damit nachkommen und die Bücher kaufen würde. Solange hätte ich also ein bisschen Zeit für mich. Kam selten genug vor, mit zwei Schwestern zu Hause und mehreren Mitbewohnerinnen in Hogwarts.

Seufzend zog ich wahllos irgendein Buch aus dem Regal vor mir und überflog die Seiten. "Magische Tierwesen und wo sie zu finden sind", las ich vorher still vom Einband ab. Schien ganz interessant zu sein, dafür dass es ein Lehrbuch war, also stellte ich mich damit in eine ruhige Ecke und tat so, als ob ich es läse, wobei meine Gedanken aber immer abschweiften, ohne dass ich es verhindern könnte.

"Kann ich mir denken", murmelte ich amüsiert vor mich hin. Es hätte mich auch gewundert, würde mein kleiner Cousin hier vor seinen Freunden mehr Demut zeigen also zu Hause. Seine Mutter, meine reizende Tante Walburga, der ich auch meinen bezaubernden Zweitnamen verdanke, wird schon mit meinem Vater Kriegsrat über diese "Schande" halten. Ich war stolz, dass Sirius dahin gesteckt worden ist, wo er wirklich hingehört und frage mich manchmal, ob er weiß, wie gut er es damit hat. Seine Eltern werden ihn niemals mehr genauso mit dem ganzen Reinblüter-Qutasch nerven wie zuvor, dazu ist er jetzt schon eine zu große Enttäuschung. Aber wenn ich etwas nicht so machen möchte, wie es vorherbestimmt ist, ist das jetzt, viele ruhige Jahre später, wahrscheinlich ein noch härterer Schlag ins Gesicht.

Bei Lilys Angebot musste ich lächeln, dieses Mädchen wurde mir von Sekunde zu Sekunde sympathischer. Ich hoffte sehr, dass Bella in Zukunft über ihre Anwesenheit eibfach hinwegsehen würde. Aber ich wusste, ich konnte sie nicht mit hinein begleiten, wenn man mich, eine Black, mit einer muggelstämmigen Hexe in die Große Halle marschieren sähe, würde man mich auf der Stelle steinigen und meine Schwestern wären mit Inbrunst dabei. "Nein danke, ich ähm hab schon gegessen. Aber ein andermal vielleicht", redete ich mich heraus und das Lächeln auf meinem Gesicht schien von Sekunde zu Sekunde gezwungener zu werden, zumindest hatte ich das Gefühl. "Aber du geh nur, bevor du uns noch verhungerst", füge ich lachend hinzu, als sich ihr Magen lautstark zu Wort meldet.